08.01.2015

 

Hundert Tage zu zweit

 

Von Ratbil Shamel-Ahang

Präsident Ghani und sein quasi Ministerpräsident Abdullah sind vielleicht die ersten Regierungsführer der Welt, die in den ersten 100 Tagen ihrer Regierung es nicht geschafft haben, ein Kabinett zusammen zu stellen. Dabei steht Afghanistan vor großen Problemen, die schnellst möglich gelöst werden müssten. Ghani und Abdullah haben sich durch ihre Unfähigkeit, ein handlungsfähiges Team zu präsentieren, der Lächerlichkeit preisgegeben.

Den Afghanen ist aber angesichts des desolaten Zustands des Landes nicht zum Lachen zur Mute. Sie sind zutiefst enttäuscht, weil sie einmal mehr von der eigenen Regierung, von den eigenen Machteliten im Stich gelassen worden sind. Ghani und Abdullah haben während den Wahlen und jetzt nach der Machtergreifung der Legitimität des jungen demokratischen Systems schweren Schaden zugefügt. Die Menschen glauben kaum noch an faire Wahlen und eine „demokratisch“ gewählte Regierung.

Für das, was die Doppelspitze in den ersten hundert Tagen nicht gemacht hat, gibt es keine Entschuldigung. Als sie sich zur Wahl stellten, wussten sie mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben. Den Schaden, den sie nun angerichtet haben, destabilisiert das Land mehr als die Taliban es bislang geschafft haben.

Die afghanischen Regierungen haben seit den 70er Jahren ein großes Legitimitätsproblem. Präsident Daud putschte sich zum Regierungschef und duldete keinerlei Opposition. Das kommunistische Regime folgte seinem Beispiel und begrüßte sogar die Rote Armee im Land um die eigene Bevölkerung unterdrücken zu können. Die siegreichen Mujaheddin Gruppierungen betrachteten das eigene Land und seine Menschen als Kriegsbeute und schreckten vor keinem Verbrechen zurück. Die sogenannten Taliban versklavten die eigenen Landsleute, und opferten Land und Leute der pakistanischen Außenpolitik.

Ghani und Abdullah haben nun ebenfalls in dieser Tradition gehandelt und die Bedürfnisse und Wünsche der Bevölkerung dem eigenen Machtkalkül geopfert. Das heißt: Sie sind der politischen Kultur des Landes treu geblieben, nicht aber den Menschen, die nach über 40 Jahren endlich an eine bessere Zukunft glauben wollten. Nun ist die Frage, wie lange es dauert, bis die Afghanen die herrschende politische Kultur im eigenen Land ernsthaft in Frage stellen.