26.01.2010

 

Londoner Konferenz und die Forderungen Kabuls

 

Ratbil Shamel Ahang

 

Auf der Londoner Afghanistan-Konferenz am Donnerstag (28.01) sollen die Weichen für die Zukunft des zentralasiatischen Landes gestellt werden. Die afghanische Seite möchte, acht Jahre nach dem Sturz der Taliban, auf Augenhöhe mit den Geberländern verhandeln. Präsident Hamid Karsai wirft vielen helfenden Staaten fehlerhafte Afghanistan-Politik vor. Er macht sie mit für das Wiedererstarken der Taliban und die Zunahme der Korruption in seinem Land verantwortlich und spricht selbstbewusst von einem „eigenen Friedensplan“. Darin verlangt Kabul u.a. die Wiedereingliederung der Taliban in die afghanische Gesellschaft.

 

Gespräche statt Kämpfe

 

Die Londoner Afghanistan Konferenz wird von der afghanischen Regierung als zukunftsweisend für das Land und für die ganze Region bezeichnet. Kabul möchte diese Zukunft aktiv mitgestalten. Die Afghanen sollen endlich als gleichberechtigter Partner behandelt werden. Aus diesem Grund wird Präsident Hamid Karsai einen eigenen Friedensplan auf der Londoner Afghanistan-Konferenz vorlegen. Wahid Omar, Sprecher des Präsidenten, erklärt die wichtigsten Forderungen Kabuls:

„Die afghanische Regierung möchte auf der einen Seite mehr Gestaltungsraum, um als wichtigster politischer Akteur des Landes handeln zu können.  Auf der anderen Seite haben wir das Ziel, die Taliban wieder in die Strukturen der afghanischen Gesellschaft einzugliedern. Zudem setzen wir auf enge regionale Zusammenarbeit.“

 

Gespräche statt Kämpfe - lautet schon seit einigen Monaten die Parole der afghanischen Regierung. Große Teile der Taliban seien bereit über ein

Friedensabkommen mit Kabul zu verhandeln. Die afghanische Regierung verlangt zudem, dass die Namen vieler gesuchter Talibanführer von der schwarzen Terroristenliste der USA gestrichen werden. Ferner möchte der afghanische Präsident Hamid Karsai „eine ehrliche Diskussion über das Problem der Korruption auf der Londoner-Konferenz. Karsai beschuldigt die Geberländer, mit ihrem „oft eigenmächtigen Handeln die afghanische Regierung geschwächt und der Korruption Tür und Tor geöffnet zu haben“.

Karsai weiter: „In jedem Land, in dem ausländische Organisationen über größere Macht verfügen als die offizielle Regierung selbst, wird es Chaos und Korruption geben. Daher ist es von größter Bedeutung, dass die eigentliche Macht bei der offiziellen Regierung liegt.“

 

Karsai spielt den Ball zurück

 

Der viel kritisierte Karsai geht vor der Londoner Afghanistan-Konferenz in die Offensive.  Seine Regierung wirft zum Beispiel den Geberländern vor, nicht genug für den Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte getan zu haben. Kabuls Militärexperten stellen folgende Rechnung auf: Mit der Summe, mit der die Nato einen Soldaten im Jahr in Afghanistan finanziert, kann die afghanische Regierung 60 einheimische Soldaten ausbilden und bewaffnen. Diese Forderungen Kabuls wurden bislang wenig beachtet. Das soll sich nun ändern. General Zaher Azimi, Sprecher des afghanischen Verteidigungsministeriums, spricht von einem Umdenken in vielen NATO-Staaten und nennt weitere Forderungen seiner Regierung. Zudem sagt Azimi:

„Wir brauchen zurzeit eine Armee mit 240 Tausend Soldaten und 160 Tausend Polizeikräfte. Zudem brauchen wir eine Finanzierungsgarantie über die nächsten 20 Jahre.“   

 

Sollten diese Forderungen erfüllt werden, fügt Azimi hinzu, können die internationalen Truppen nach und nach aus Afghanistan abgezogen werden. Als Militärexperte weist er aber auf einen weiteren Punkt hin, den er entscheidend für den Erfolg der Afghanistanmission nennt: „Wir müssen die Terrorzellen außerhalb Afghanistans beseitigen. Ohne diesen Schritt wird der Frieden in Afghanistan keine Zukunft haben.“

 

Mit den Terrorzellen außerhalb Afghanistans meint die afghanische Regierung die pakistanischen Grenzregionen, die als Rückzuggebiet der Taliban und Al-Kaidakämpfer gelten.

Ob Kabul sich nun mit seinen Forderungen in London durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Der afghanische Delegationsleiter und Ex-Außenminister Rangin Dadfar Spanta gibt sich betont optimistisch: „Wir haben im Vorfeld intensive Konsultationen mit unseren Verbündeten gehabt, ich kann Ihnen mitteilen, dass es in vielerlei Hinsicht Gemeinsamkeiten zwischen uns und unseren Verbündeten gibt.“